Dieser Blogbeitrag ist dem talentierten Fotografen Jim Mortram gewidmet. In seinen Werken demonstriert er das alltägliche Leben in Dereham (Grafschaft Norfolk, UK, einem Ort nahe dem englischen Sitz von Hahnemühle). Seine Fotografien entstehen ausschließlich im Umkreis von drei Meilen um seinen Wohnort. In seinen Bildern fängt er die Schwierigkeiten des Lebens. Er portraitiert einfühlsam Menschen, die von der Sozailhilfe leben, den Leistungsdruck, die Selbstverletzungen oder Menschen, die sich um erkrankte Verwandte kümmern wie er selbst es tut. Jims Motto: „Meine Fotografien handeln von Ausdauer, damit Menschen überleben. Es ist wichtig, diese Geschichten in Fotos zu erzählen.“
Wann haben Sie Ihre Leidenschaft für die Fotografie entdeckt?
Ich habe an der Kunsthochschule studiert, um Maler zu werden, als meine Mutter sehr krank wurde. Deshalb habe ich mich entschlossen, mein Studium zu beenden. Ich bin nach Hause zurückgekehrt, um die ganze Zeit für meine Mutter dazusein. Jahre später, nachdem die Krankheit meiner Mutter ein bisschen nebensächlicher wurde, habe ich mir eine Kamera ausgeliehen. Sie sollte mich ermutigen, das Haus zu verlassen. Aufgrund der Tätigkeit als Betreuer lebt man einfach sehr isoliert.
Als ich die Kamera in der Hand hielt, brach sich etwas in mir Bahn. Es war fast so, als hätten sich zwei Kreisläufe wieder verbunden. Die ersten paar Wochen des Fotografierens erlebte ich, als würde ich nach einer langen Ruhephase wiederbelebt werden. Ich hatte sowohl mich selbst, als auch meine Berufung (wieder) gefunden.
Wie sind Sie zur der Dokumentar-Fotografie gekommen?
Anscheinend nimmt es dir fast deine Lebenskreativität, wenn du in ein Vollzeit-Betreuer für einen Kranken bist. Das kann finanziell lähmend sein. Deshalb gehe oder radle ich im Umkreis von drei Meilen überall hin, so dass das ganze Gebiet um meinen Wohnort abgedeckt ist. Innerhalb der ersten paar Wochen in der ich mir die Kamera geliehen hatte, hatte ich keine Ahnung, wie ich sie benutzen musste. Mein Wohnort ist sehr ländlich und obwohl ich das Land sehr liebe, hatte ich kein Interesse, Felder und Bäume zu dokumentieren.
Ein paar Häuser von meinem Wohnhaus entfernt, wohnt ein älterer Mann und ich kenne ihn seit ich jung war. Ich habe lange Spaziergänge in der Nacht und am frühen morgen gemacht, um meinen Kopf nach einem anstregenden Arbeitstag frei zu bekommen. Ich weiß genau, dass er auch immer wach war. Eines Nachmittags bin ich einfach zu seiner Haustür gegangen, habe geklopft und von da an begann ich, mit ihm zu sprechen.
Ich hatte die Kamera bei mir und beinahe instinktiv begann ich Bilder zu machen, während ich ihm zuhörte. Ich blieb für etwa zwei Stunden und wir wiederholten dies in den kommenden Tagen einige Male. Dann bekam der Mann Krebs und er wurde in ein Krankehaus gebracht, in dem er sich eine Infektion einfing und anschließend starb. Alles geschah sehr, sehr schnell.
Ich wurde mit all seinen Geschichten in meinem Kopf und meinem Herzen zurückgelassen. Da war jedoch noch die Kamera, die mit meinen ersten zögernden Bildern gefüllt war und ich realisierte, dass ich mit diesen Bildern etwas machen musste, etwas was wir zusammen produziert hatten. Diese Erfahrung hat mich dazu gebracht, Menschen aus meiner Gemeinde in Bildern festzuhalten. Ich wollte das Leben im hier und jetzt dokumentieren. Ich wollte ein Licht auf die leuchten lassen, die so häufig in den Massenmedien stigmatisiert werden. Außerdem wollte ich Botschaften für zukünftige Generationen schaffen, damit alle das Leben mehr schätzen.
Welches Ihrer Projekte/Motive hat Ihnen die Tür zum professionellen Markt geöffnet?
„Small Town Interia“ (Kleinstadt-Trägheit) ist das einzige Projekt an dem ich gearbeitet habe. Es ’spielt‘ auf mehreren Ebenen: von schwarz-weiß, über Dokumentationen, kurze Filme, Porträts, farbige digitale Arbeiten bis hin zu einem Film, an dem ich noch arbeite.
Wer inspiriert Sie am meisten?
Die Menschen, mit denen ich glücklicherweise Zeit verbringen kann, und die ich dokumentiere. Ihre Ausdauer und Liebenswürdigkeit inspiriert mich auch außerhalb meiner Arbeit.
Wie würden Sie Ihren persönliche Fotografie-Stil beschreiben?
Ich höre zu, bevor ich Motive sehe. Persönlich ist es mir sehr wichtig, ein ‚Kanal‘ für die Geschichten sein. Ich sehe mich als Glied einer Kette, die gern netzwerkt.
Was ist die größte Herausforderung beim Fotografieren dokumentarischer Porträts?
Es ist sehr zehrend und emotional, aber wenn du dein Leben lebst, ist vieles davon herausfordernd.
Für mich ist dies ein Langzeitprojekt, so dass ich im regelmäßigen Kontakt mit den Menschen stehe, die ich dokumentiere. Die Zeit ist wichtig, um eine natürlichen Spannungsbogen aufzubauen und eine Geschichte zu dokumentieren, Vertrauen zu schaffen und eine Beziehung zu einzugehen.
Finanziell ist es sehr schwer und ich muss viele Opfer bringen. Allerding gibt es eine wirklich erstaunliche Gemeinschaft von Fotografen und Freunden der Fotografie und ich habe viele Kameraden und treue Freunde kennengelernt, die mir helfen. Kein geringerer als Hahnemühle UK, das ist sicher, ist dafür verantwortlich, dass ich lernen durfte, wie man druckt und dass ich sogar in New York und in London ausstellen konnte.
Wie wichtig ist Ihnen die gedruckte Präsentation Ihrer Kunstwerke?
Drucke sind die wahre Heimat für Fotografie. Ihre Körperlichkeit kann echte emotionale Reaktion in uns auslösen. Ich spüre diese Körperlichkeit immer noch, wenn ich mir meine Fotografien auf dem Bildschirm anschaue. Sobald ich Bilder aber nur digital mache, ist die Körperlichkeit des Handwerks weg. Drucke geben uns diesen wichtigen Bestandteil zurück. Wenn wir in einem Raum sind und uns Fotodrucke anschauen, ist nichts damit vergleichbar. Drucke bringen uns die Realität näher. Die Beziehung zur Wirklichkeit ist entscheidend, vor allem für Geschichten, die auf einer dokumentarischen Arbeit basieren.
Welches ist Ihr Lieblingspapier von Hahnemühle und warum?
Ich liebe Photo Rag Baryta 315 g/qm, es hat den perfekten Papierton. Vor allem für schwarz-weiß Arbeiten. Die Fotografien sehen aus, wie echte Dunkelkammer-Ausbelichtungen – es ist einfach unglaublich. Wann immer ich auch ausstelle, ich werde immer Photo Rag Baryta benutzen und gelegentlich FineArt Baryta 325 g/qm.
Haben Sie ein Traumprojekt, das Sie gerne einmal realisieren möchten?
Was ich mir wünsche, ist weiterhin an dokumentarischen Geschicten zu arbeiten, um Bilder zu machen.
Was kommt als Nächstes?
Für mich ist jede Woche gleich. Ich pflege meine Mutter, mache mir einen Zeitplan und in meiner Freizeit vereinbare ich Fotoshootings innerhalb meiner regionalen Gemeinschaft. Außerdem mag ich es, Zeit innerhalb der weltweiten Gemeinschaft online zu verbringen, indem ich meine Arbeiten und die von anderen teile. Ich glaube, dass Fotografie uns alle verbindet und die Welt ändern kann.
Weitere Informationen über Jims Arbeiten:
Small Town Inertia : http://smalltowninertia.co.uk
Colour portfolio : http://jamortram.co.uk
Twitter : https://twitter.com/JAMortram
Instagram : http://instagram.com/smalltowninertia