Maria Mulas
Wann haben Sie Ihre Leidenschaft für Fotografie entdeckt?
Ich habe Ende der 60-er bzw. in den 70-er Jahren mit dem Fotografieren begonnen. Mein Bruder Ugo diente mir sicherlich als erste Inspiration. Ich liebte es, ihm bei der Arbeit in der Dunkelkammer zuzusehen. Ebenso hat mich schon immer die Alchimie fasziniert, die dabei stattfand und es möglich machte, Bilder auf Papier zu übertragen.
Wie kamen Sie zur Porträtfotografie?
Mich interessieren Menschen, mehr als alles andere. Ihre Gedanken und die Energie, die von ihnen ausgehen kann… Meiner Meinung nach schafft die Fotografie es, den Geist einzufangen. Ich liebe Menschen, und ich liebe die natürliche Fotografie. Es stimmt daher, dass ich noch nie eine Aufnahme nachbearbeitet habe, da ich nicht möchte, dass sie einen falschen Eindruck von der Realität vermittelt. Mit meinen Aufnahmen möchte ich den Charakter des Motivs hervorheben. Zudem habe ich mich den Menschen, die ich fotografiert habe, immer aufrichtig genähert und diese waren immer bereit und froh, mir als Motiv zu dienen.
Was sind für Sie soziale Rituale und warum „verewigen“ Sie diese in deinen Bildern?
Das Leben selbst besteht hauptsächlich aus sozialen Ritualen. Ich möchte nur zeigen, wie wohlhabende Menschen in ihren Konventionen leben – und leider auch in ihren Äußerlichkeiten. Diese Ordnung, die in der Highsociety gelehrt wird, kann als soziales Gefüge betrachtet werden. Mich hat sie immer fasziniert und ich denke, dass sie sich mit Hilfe der Fotografie gut darstellen und erzählen lässt.
Welches Projekt hat Ihnen zum Durchbruch verholfen?
Meine Projekte wurden im sozialen und kulturellen Bereich immer sehr positiv aufgenommen. Vielleicht ist das darauf zurückzuführen, dass sich meine Schüchternheit in Luft auflöst, sobald ich eine Kamera in der Hand halte. Mein erstes großes Buchprojekt „Miraggi” erschien 1998. Es ist eine umfangreiche Anthologie, die von einer Ausstellung im Palazzo Reale begleitet wurde, in deren Rahmen rund dreihundert Aufnahmen von Künstlern, Literaten, Schauspielern, Regisseuren und Personen aus dem italienischen und internationalen kulturellen Leben gezeigt wurden.
Wer diente Ihnen bei Ihren ersten Aufnahmen als Inspiration?
Ich muss sagen, dass ich die Inspiration immer in mir selbst gefunden habe. Beispielsweise zählten meine Töchter zu meinen ersten Motiven. Nach kurzer Zeit kamen einige Mütter auf mich zu und wollten, dass ich von ihren Töchtern die gleiche Art von Fotos mache. Diese Erfahrung dauerte nur wenige Monate an, doch sie half mir zu verstehen, dass das Licht sehr wichtig ist, um die gewünschte Atmosphäre zu schaffen und zu erreichen. Noch heute, nach so vielen Jahren und mit all der Erfahrung, denke ich, dass dies eine essentielle Rolle spielt.
Lea Vergine (italienische Kunstkritikerin und Kuratorin) hat Ihren Stil als Feuerwerk bezeichnet. Was meint sie Ihrer Ansicht nach damit?
Ich denke, sie bezieht sich dabei auf die emotionale und visuelle Kraft, die meinen Bildern innewohnt. Man sagt, dass man in meinen Aufnahmen die Seele des Motivs erkennt. Womöglich ist auch dies ein starkes, explosives Element.
Wen haben Sie am liebsten fotografiert und warum?
Ich habe viele Autoren und Künstler fotografiert. Eigentlich nahezu alle bedeutenden Persönlichkeiten aus der nationalen und internationalen Kulturszene, nicht zuletzt, da es mir stets gelungen ist, dass sie sich vor meiner Linse wohlfühlten. Gianni Colombo zum Beispiel habe ich immer sehr gern fotografiert. Besonders gerne erinnere ich mich auch an Fernanda Pivano und Allen Ginsberg.
Welches Papier von Hahnemühle erfüllt Ihre fotografischen Ansprüche am besten?
Das Papier, das meine Ansprüche am besten erfüllt, ist zweifellos Hahnemühle Photo Luster 260 g. Durch die matt glänzende Oberfläche sind die Ergebnisse meiner Bilder am ehesten mit denen einer analogen Kamera zu vergleichen. Zudem passt der matt glänzende Effekt hervorragend zum Konzept meiner Bilder und bleibt auch im Laufe der Zeit erhalten.
Arbeiten Sie gerade an einem Projekt, über das Sie uns etwas erzählen möchten?
Aktuell arbeite ich an zwei unterschiedlichen Projekten: An einer Monographie, die von Germano Celante herausgegeben wird und in Kürze bei Skira erscheint; und an einer Ausstellung im Palazzo Morando (einem historischen Palast im Herzen Mailands) mit dem Titel „Obiettivo Milano“ (Mailand im Fokus).
Dabei handelt es sich um eine große Ausstellung über meine Arbeit vom Ende der 60-er Jahre an bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts. Eine Hommage an Mailand, an die Geschichte der Stadt, eine visuelle Erzählung, die sich über 40 Jahre erstreckt. Diese Arbeiten handeln nicht nur vom Leben in Mailand, sondern schließen auch die großen Persönlichkeiten des internationalen kulturellen Lebens sowie die Aufnahmen ein, die ich von ihnen gemacht habe. Hierzu zählen etwa Henry Moore, Gerhard Richter, Robert Rauschenberg, Antoni Tapiès, Alberto Burri, Valerio Adami, Louise Bourgeois, Sonia Delaunay und viele andere.
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